Gottfried Honegger

Laudatio durch den Rektor des Museums für Gestaltung, Christoph Brändle. Ausstellung Teppich konkret in der Einganshalle des Toni Areals, Schaudepot ZHdK, Zürcher Hochschule der Künste, Sep-Nov 2015

Museum für Gestaltung

Gottfried Honegger – Teppich konkret

 

Laudatio durch den Rektor des Museums für Gestaltung, Christoph Brändle. Ausstellung „Teppich konkret“ in der Einganshalle des Toni Areals, Schadepot – ZHdK, Zürcher Hochschule der Künste, Sep-Nov 2015: Lieber Gottfried Honegger, meine sehr verehrten Gäste, liebe Freunde des Hauses – Ich begrüsse Sie ganz herzlich zur Vernissage unserer Ausstellung „Gottfried Honegger – Teppich konkret.

 

Wir feiern heute Abend sozusagen ein Jubiläum. Vor über 50 Jahren – 1953 –  wurden im damaligen Kunstgewerbemuseum an der Ausstellungsstrasse die ersten Teppichentwürfe von Gottfried Honegger ausgestellt. Diese erste Serie entstand auf Anregung der „Wohnhilfe Zürich“ und wurde von der Teppichweberei Anton Tischhauser aus Bühler, Appenzell, ausgeführt.

 

Die Teppiche, die wir in der aktuellen Ausstellung zeigen, realisierte Honegger in Zusammenarbeit mit Tisca Tiara, die noch heute von der Familie Tischhauser geführt wird. Das Teppich-Projekt „25 – 10 – 50“ umfasst insgesamt 25 Entwürfe, in einer limitierten Auflage von 10 Exemplaren, basierend auf den Entwürfen der letzten 50 Jahre. Aus dieser Serie zeigen wir 14 Arbeiten.

 

1952, als Gottfried Honegger der erste Auftrag erreichte, war er bereits ein erfolgreicher Werbegrafiker und arbeitete in Zürich, New York und Paris.

Seit 1948 war er zudem als Lehrer an der Kunstgewerbeschule Zürich tätig.

 

1959 dann, nach seiner Ausstellung in der Martha Jackson Gallery in New York, in der zum ersten Mal die Tableau-Reliefs gezeigt wurden, entscheidet er sich, auch  auf Zutun seines Künstlerfreundes Sam Francis, seine Tätigkeit als Grafiker aufzugeben und sich ausschliesslich dem freien Schaffen zu widmen.

 

Es folgten zahlreiche Ausstellungen in namhaften Galerien und Museen, die ihm zu internationaler Anerkennung verhalfen:

 

1975 vertritt er Frankreich an der Sao Paulo Biennale;

1978 Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris;

1986 Helmhaus Zürich

1999 Fondation Cartier Paris

2007 dann die Retrospektive im Haus Konstruktiv Zürich sowie – ganz aktuell –

die Retrospektive im Centre Pompidou in Paris

 

Gottfried Honegger ist aber nicht nur einflussreicher Künstler, er ist auch ein engagierter Vermittler der konkreten Kunst im erweiterten Sinne.

 

1990 gründete er zusammen mit Sybil Albers-Barrier den Espace de l’Art Concret in Mouans-Sartoux, Südfrankreich. 1998 folgte der Bau der Kinderateliers „Atelier pédagogiques“ dies, so Honegger, mit dem Ziel:

– „apprendre à regarder, car regarder est un acte créatif“

 

Im Jahr 2000 erfolgt die Schenkung der Sammlung Honegger-Albers an den französischen Staat. Und 2003 der Bau des Museums in Mouans-Sartoux durch die Zürcher Architekten Annette Gigon und Mike Guyer. Aktuell ist ein weiterer Museumsbau in Planung mit pädgogischen Ateliers für behinderte Kinder.

 

Das unerschöpfliche Schaffen und Engagement Gottfried Honeggers wurde mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt:

 

1985 Ernennung zum Chevalier de l'Ordre des Arts et des Lettres

1987 Kunstpreis der Stadt Zürich

1992 Ehrenmedaille der Stadt Rennes, Ehrenmedaille der Akademie von Poitiers

1996 Paris Ernennung zum Commandeur des Arts et des Lettres

1999 Paris Ernennung zum Chevalier de la Légion d'Honneur

 

Für Gottfried Honegger gibt es keinen Gegensatz zwischen freier und angewandter Kunst: Im Gegenteil: sie sind untrennbar miteinander verbunden.

 

Der Auftrag, Teppiche zu entwerfen, ist für einen Künstler wie Honegger daher  sehr reizvoll. Der Künstler interessiert sich denn auch stark für die Herstellungsprozesse, er hat sich immer auch als „Handwerker“ verstanden. Und deshalb lotet er gerne die technischen Möglichkeiten aus, mit denen sich seine Entwürfe umsetzen lassen, um eine dem Medium entsprechende Wirkung zu erzielen.

 

Weitere Beispiele dafür sind die Glasfenster, die er für sakrale Gebäude gestaltet hat, aber auch die zahlreichen Experimente mit druckgrafischen Techniken und die Multiples.

 

Der Teppich als Auflagenobjekt bietet für eine vergleichbare Multiplikation ein ideales Medium. Teppiche können maschinell hergestellt werden und sind damit zugänglich für eine potenziell grosse Kundschaft.

Es ist ein Ziel Honeggers, hochstehende Entwürfe in guter Qualität zu einem erschwinglichen Preis einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Dadurch erfährt das Kunstwerk eine Demokratisierung.

 

Schlussendlich kommt der Teppich auch Honeggers formal-gestalterischen Interessen entgegen, wie sich an der hier knapp skizzierten Entwicklung seines Schaffens zeigen lässt:

 

War zu Beginn der 1950er Jahre noch das naturbezogene Motiv (Figur) Gegenstand der Abbildung, machte Honegger im Folgenden die Struktur und einfache geometrische Elemente zu seinem fundamentalen Gestaltungsprinzip.

 

Das Bild besteht nun einzig aus Fläche und Farbe und verweist auf nichts anderes als auf sich selbst. Damit vollzieht Gottfried Honegger den Schritt in die Konkretion.

Figur und Grund befinden sich auf der gleichen Ebene und sind nicht mehr unterscheidbar.

 

Durch die Auflösung des Verhältnisses von Figur und Grund in Fläche und Farbe wird jegliche hierarchische Ordnung aufgehoben.

 

Diese Aufhebung ist ein wichtiger Schritt im Werk von Honegger  hin zum Objektiven und damit zur Ausschaltung der künstlerischen Handschrift.

Damit ist der Herstellungsprozess des Kunstwerkes faktisch nicht mehr an den Künstler gebunden, sondern kann an Dritte übertragen werden.

Im vorliegenden Fall ist es der Teppichhersteller, der entsprechend den konzeptionellen Vorgaben das Werk ausführen kann.

 

Honeggers Teppiche wandeln sich wie sein übriges Werk vom Ich-Bild zum Wir-Bild.

 

Wir freuen uns sehr, dass wir mit unserer kleinen Ausstellung auf der Grossen Nordwand unseres Museums einen Einblick in das gestalterischen Schaffen von Gottfried Honegger geben können.

 

Und damit komme ich zum Dank: Allen voran danke ich Ihnen, lieber Gottfried Honegger, dass Sie meiner Einladung zur Ausstellung gefolgt sind! Es ist uns eine Ehre und Freude, dass Sie heute bei uns sind und ich bewundere Ihr Engagement und ihre Vitalität. Ich bedanke mich herzlich bei der TISCA TIARA, die uns die wunderbaren Exponate freundlicherweise zur Verfügung stellt. Und last but not least bedanke ich mich sehr herzlich bei Beatrice Steiner, einer profunden Kennerin des Werkes von Gottfried Honegger für die kompetente inhaltliche Unterstützung.

 

 

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